Wie, wo und warum werden uns zukünftig Pflanzen am Arbeitsplatz begegnen? Individuelle Arbeitsplatzgestaltung, „Desk-Sharing“ und „Clean-Desk-Policy“ – was wird sich durchsetzen? Ein spannendes und umfangreiches Thema, bei dem ich bewusst Fragen der Luftverbesserung oder des Sicht- und Schallschutzes außer Acht lasse.
Die individuelle Arbeitsplatzgestaltung vs. Desk-Sharing und Clean-Desk-Policy
Als ich vor über 20 Jahren meine ersten Erfahrungen in der Innenraumbegrünung sammelte, waren individuell gestaltete Arbeitsplätze mit einer Armee aus Ü-Ei-Figuren auf den noch großen und klobigen Monitoren, ausgestellte Bastelarbeiten der eigenen Kinder oder ein selbstgezogener Büro-Dschungel keine Seltenheit. Diese individuellen „Habitate“ wurden immer seltener, es entstanden zunehmend Großraumbüros, und mit den ersten Flex-Arbeitsplätzen verschwanden sie dann fast vollständig.
Wenn ich heute Firmen wie zum Beispiel Zalando besuche, sind sie plötzlich wieder da, die individuellen Arbeitsplätze; man kann wie im eigenen Wohnzimmer arbeiten. In anderen Büros tragen heute alle Beschäftigten Hausschuhe während der Arbeit – was ein „Zuhause-Gefühl“ vermittelt. So wird eine hohe Authentizität und Identifikation mit dem Unternehmen erwartet. Die Zimmerpflanze unterstreicht den privaten Ausdruck, möglichst individuell gewachsen oder gerettet und aufgepäppelt, nicht immer schön, aber geliebt wie ein dreibeiniger Hund.
Wie in einer Parallelwelt gibt es zeitgleich völlig andere Arbeitswelten. Da nicht immer alle Angestellten gleichzeitig arbeiten, gibt es weniger Arbeitsplätze als Beschäftigte. Das ähnelt einem Schiff, auf dem es nicht für jeden Matrosen eine Koje gibt. Im Büro wird dies „Desk-Sharing“, „nonterritoriales Arbeiten“ oder „Flex-Office“ genannt. Auf dem Boot heißt es „Hot-Bed“, ein effektiv genutztes Bett, das nie kalt wird. Neben Platz- und Kostenersparnis verspricht dieses Konzept mehr „Demokratie“ und ein besseres Miteinander. Die Begrünung ist dann häufig platzsparend auf den Schränken untergebracht, pflegeleicht, funktional und aufgeräumt, ohne großen Emotionsfaktor.
Genauso wie die Park- und Gartenanlagen der Vergangenheit Zeugnis einer kulturellen Lebenseinstellung ihrer Zeit sind – seien es die formal geschnittenen Gehölze, die geordnete Natur des Barock oder der romantische Landschaftspark mit versteckten Grotten und üppiger Natur – lässt sich die Philosophie eines Unternehmens auch an der Art seiner Bürobegrünung ablesen. Während die Vergangenheit in aufeinander folgenden Epochen stattfand, existieren heute unterschiedlichste Begrünungskonzepte zeitgleich. Sie haben alle ihren berechtigten Platz in der Arbeitswelt gefunden. Das eine, ideale Konzept gibt es nicht.
Der Trost der Dinge – Konzepte für einen grünen Arbeitsplatz.
Vor kurzem sah ich einen Beitrag über eine sogenannte „Minimalistin“. Geschildert wurde der Versuch mit möglichst wenig persönlichem Besitz auszukommen.
„Freedom’s just another word for nothing left to loose“ schoss es mir durch den Kopf.
Ich fand die Idee faszinierend. An einer Stelle sagte die Minimalistin im Angesicht ihrer kahlen und unpersönlichen Unterkunft: „… manchmal fehlt mir schon der Trost der Dinge“. Das stimmte mich nachdenklich.
Wenn dieses Gefühl sogar eine selbsternannte Minimalistin überkommt, wie ergeht es dann einem Menschen an einem unpersönlichen Arbeitsplatz? Ich glaube, es ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis, sich mit persönlichen Dingen zu umgeben. Das ist sicher bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt. Pflanzen können ein hervorragender Stellvertreter für „private Dinge“ sein, sie schaffen Behaglichkeit und fördern das Wohlbefinden. Ob das nun eine gute Idee ist, Pflanzen als Ersatz für Nippes zu betrachten, sei dahingestellt. Das kann nur Jeder und Jede für sich entscheiden, wichtig ist, dass es das Angebot gibt!
Die Mitbestimmung bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes ist laut Umfragen eines der wichtigsten Kriterien für ein gutes Arbeitsklima.
Das Konzept für einen grünen Arbeitsplatz heißt heute, den Menschen mit seinen individuellen Bedürfnissen in den Mittelpunkt zu stellen. So viel persönlich gestaltetes Umfeld wie möglich zuzulassen und das Bedürfnis nach Behaglichkeit und emotionaler Ansprache in aufwändig begrünten Ruhezonen oder speziell thematisierten und abwechslungsreichen Arbeitswelten zu befriedigen.
Wie wird das Büro der Zukunft aussehen?
Wird es überhaupt noch Büro heißen?
Gesucht werden radikal neue Raumkonzepte, die sich flexibel und vielfältig den Ansprüchen anpassen.
Und die Büropflanzen?
So lange Menschen dort arbeiten wird es ein natürliches Bedürfnis nach einem grünen Arbeitsplatz geben, da bin ich mir sicher.
Und wie grün ist Ihr Arbeitsplatz?
Bis bald,
Johannes Meyer-Dohm