Über guten Geschmack lässt sich streiten, er ist „Ansichtssache“ oder liegt im „Auge des Betrachters“?
„Chacun à son goût“ Hat wirklich Jede und Jeder einen eigenen Geschmack? Was sind Gestaltungsprinzipen und wie funktionieren diese in der Gestaltung mit Pflanzen?
Über guten Geschmack lässt sich streiten, er ist „Ansichtssache“ oder liegt im „Auge des Betrachters“? Nein! Privat kann dies gehalten werden, wie sie oder er es will, zum Beispiel, wenn es sich um Gaumenfreuden handelt. Aber grundsätzlich ist ein guter Geschmack, besonders, wenn es um Gestaltung geht, keineswegs nur Ansichtssache, sondern zum größeren Teil eine Frage von Kultur und Gesellschaft. Er beruht auf Gestaltungsprinzipien, unabhängig von persönlichen Vorlieben.
„Mein idealer Lebenszweck ist Borstenvieh und Schweinespeck“ das ist nicht nach jedem Geschmack und schon gar nicht nach meinem! Auch die ästhetischen Geschmäcker scheinen sich zu unterscheiden; ich suche nach übergeordneten Prinzipien in Bezug auf die Gestaltung mit Pflanzen im Raum.
Die Theorie: Gestaltungsprinzipien
Kreativität scheint frei von Gesetzen und Regeln zu sein. Es gibt jedoch viel mehr grundsätzliche Gestaltungsprinzipien als erwartet. Häufig werden Sie unterbewusst befolgt, wenn es zum Beispiel um ausgewogene Proportionen geht.
Ich möchte mich mit dem Prinzip „Reihung“ befassen – hier eine kleine Einordnung:
Komposition, Proportion, Kontrast und Dimension.
Diese Faktoren bestimmen im Westlichen das Erscheinungsbild und die Wirkung einer Gestaltung.
Ich möchte hier auf die Komposition eingehen; sie wird bestimmt durch Auswahl, Anordnung und Abstimmung der einzelnen Elemente. Grundlage jeder Komposition ist die Beziehung der Teile zum Ganzen. Kompositionsprinzipien sind unter anderem Reihungen, Symmetrie und Gliederung.
Mein Augenmerk liegt hier auf der Reihung, das heißt: gleiche oder sehr ähnliche Elemente werden wiederholt, wobei der Abstand gleichmäßig und ihre Ausrichtung erhalten bleiben.
Welche Schönheit verbirgt sich dahinter?
Die Schönheit der Wiederholung
Der Begriff der Wiederholung ist einerseits mit Langeweile und Monotonie negativ besetzt, andererseits verspricht Wiederholung auch Sicherheit, Stabilität und Orientierung.
Als Gestaltungsprinzip finden wir die Wiederholung in vielen Dingen, so zum Beispiel in Fassaden und Geländern. Ich denke zuerst an eine Allee mit stattlichen Bäumen.
Uns begegnet die Wiederholung auch in Gedichten und Musik. Gerade hier scheint mir, dass durch die Wiederholung eine Schönheit entsteht, die sich ohne sie nicht entfalten würde.
Die Wiederholung einer Bewegung, eines Gebetes oder eines Mantras kann Trancezustände und das Gefühl von Glückseligkeit hervorrufen. All´das steckt in der Wiederholung.
Erscheint eine Reihung zu monoton, ist es hilfreich, diese zu verändern und dadurch ein wenig Spannung und eine komplexere und vielschichtigere Harmonie zu erzeugen, ähnlich wie in der „broken symmetry“, der „annähernden Symmetrie“, wie sie in der Schönheit der lebendigen Natur, z.B. in einer Blüte, zu finden ist.
Wenn ich Pflanzen in einheitlichen Gefäßen in eine Reihe stelle, selbst wenn in jedem Gefäß dieselbe Pflanze steht, sind diese zwar im Grundsatz gleich, sie haben die gleiche Blattform, in ihrer Individualität sind sie jedoch immer ein wenig verschieden. Das Prinzip der „Einheit in der Mannigfaltigkeit“ besagt nichts anderes, als dass die Grundform in vielen Variationen immer wiederkehrt.
Es kommen also einige Prinzipien in der Gestaltung einer Reihe zusammen. Wird durch sie am Ende die Schönheit generiert? Ja und Nein. Mein Metier, die Gestaltung mit Pflanzen, ist ein besonderer Fall, nämlich durch die „Naturschönheit“ der Pflanzen an sich! Wir können nur eine Bühne bereiten.
In diesem Sinne
Bis bald
Johannes Meyer-Dohm